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Ansichten XXXV „inform“ Zeitgenössische Narrative aus Liechtenstein 23. November 2019 - 07. Februar 2020 Vernissage: SAMSTAG, 23. Nov 2019, 17 Uhr Öffnungszeiten: Do / Fr / Sa 17 -19 Uhr, und nach Vereinbarung
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Ansichten XXXV - „inform“ - Zeitgenössische Narrative aus Liechtenstein
Mit sieben Kunstschaffenden aus
Liechtenstein richtet sich der Blick dieser Ansichten-Ausstellung auf
den nahen Nachbarn, mit Während die Moderne der Kunst versucht hat, das künstlerische Medium soweit wie möglich von der Erzählung zu befreien, zu reduzieren und zu abstrahieren, kann die Erzählung heute wieder anders gesehen werden. Narrativ sein heisst nicht gleich, aufwändige Geschichten zu erzählen. Narrativ sind auch Werke, deren Skript nur wenige Sätze umfasst. Insgesamt blickt man wieder entspannter darauf und erkennt in der Existenz von Erzählungen und Mythen wieder ein grundlegendes Element auch des sozialen Zusammenhalts und der Bildung von Gemeinschaft.
Der Sammlung von Erhard Witzel ist die Zeichnung von Franz Erhard Walther im Raum gehört gesehen (1985) entnommen. Inhaltlich interagiert sie mit der kleinen Zeichnung von Matthias Frick hineinsehen heraushören (2013). Die im Titel beider Arbeiten gegebene narrative Dimension gibt den Auftakt der Ausstellung. So kreist Anna Hiltis Zeichnungsserie Some Dreamers of the Golden Dream (2017) um das ungeklärte Verschwinden ihres Ururgrossvaters in Amerika und zeichnet seine imaginierten Spuren nach. Martin Walch sieht Kunst grundlegend als kommunikativen Prozess; seine Fotografien Wunder I-X (2018) ebenso wie die filigranen Holz-Plastiken Traumfänger (Wünschelruten) 1-7 (2018) machen den Eindruck, als erzählten sie Geschichten. Auch wenn sie nichts detailliert erzählen, wirkt ihre blosse Erscheinung. Damit eine Geschichte wirklich erzählt wird, muss es auch um etwas gehen. Die Zeichnungen des 2017 verstorbenen Matthias Frick, der nach dem Studium an der F + F Schule für Gestaltung, Zürich, Meisterschüler von Hermann Bohmert war, lässt auch die gravierenden Folgen, die unerwartet auftretende gesundheitliche Probleme für sein Leben nun als Künstler der Outsider-Art hatten, nicht ausser Acht. Und dies mit feinem Humor wie im Titel Mighty Mouse. Im Zentrum von Barbara Bühlers Fotografie steht in der Regel die Architektur. Ihre Duo-Fotografie zeigt aber vorwiegend grünes Laub, in dessen Zentrum sich wenig, dafür aber stark rot leuchtendes Laub befindet. Aus zwei nur leicht versetzten Perspektiven hat sie dieses Natur-Phänomen zeitlich versetzt fotografiert und es zum Bild einer aussergewöhnlichen Erscheinung gemacht.
Manfred Naeschers
Video Der Wiederkehrende Spiegel (2015) basiert auf einem
historischen Text aus dem Jahr 1847, dessen Botschaft bis heute gültig
geblieben ist. Es präsentiert und interpretiert das Zitat eines Textes von
Peter Kaiser. Der in Liechtenstein geborene Historiker hat 1847 die erste
„Geschichte des Fürstentums Liechtenstein“ in einer Zeit der Ungewissheit
und gesellschaftlichen Veränderung geschrieben und veröffentlicht, im
Vorjahr der Revolution von 1848, deren liberal-demokratische Ideen Kaiser
vorsichtig zum Ausdruck bringt, sich aber bewusst ist, dass auch er die
Zukunft der angestossenen Entwicklung nicht kennen kann. An den
herrschaftlichen Verwalter Liechtensteins, den Landvogt, richtet er sich mit
den Worten: Die eigene Vergangenheit ist jedem ein Spiegel, der ihm seine
Handlungen, Worte und Werke zurückwirft […]. 1848 wurde Kaiser zum
Abgeordneten des Fürstentums Liechtenstein in der Frankfurter
Nationalversammlung gewählt. Evelyne Bermanns Ensemble der Peanuts (2018) erforscht die Variationsmöglichkeiten des genetisch vorgegeben Bauplans der Erdnuss, die zwar immer identifizierbar, aber nie identisch entsteht. Alles nur Peanuts? Die nahrhafte Erdnuss geniesst kein hohes Ansehen; die Künstlerin verleiht ihr Bedeutung und nähert sich selbst damit im Studium der Natur der Schöpfung an. An Informationen, die in Geschichten verpackt sind, erinnern wir uns besonders gut und gerne.
Dagmar Streckel |
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