Ansichten X
“paper and more"
Kuratorin:
Renate Bender, München
16. Feb. - 2. Mai 2012
Finissage:
Mittwoch,
02.05.2012, 19 Uhr
Ausstellende Künstler:
John Fraser, Oskar Holweck,
Ole Müller, Rakuko Naito,
Peter Weber, Reinhard Wöllmer
Öffnungszeiten:
Mi. / Do. / Fr. 17-19 Uhr
und nach Vereinbarung
Z U R Ü C K
|
Ansichten X – “paper and more"
John Fraser (geb. 1952)
John Fraser stöbert auf Floh- und Antiquitätenmärkten nach seinem
„Material“, durchforstet Antiquariate und lugt bei Hausauflösungen „um die
Ecke“. Er braucht alte Bücher, oder besser gesagt Bucheinbände und
Vorsatzpapiere, sucht nach den Spuren einer vergangenen Zeit. Ob fleckig
oder vergilbt und auch wenn Farbelemente nur noch spärlich zu erkennen sind,
das gerade birgt für ihn den Reiz daraus Neues zu schaffen. Diese
reduzierte, ja geradezu meditative Formsprache in seinen Kompositionen
verlangt vom Betrachter die Bereitschaft sich einzulassen und mit ihm auf
die Suche zu gehen nach dem Verlorenen, Vergessenen und doch Verbleibenden.
Die zarten Collagen, die Fraser mit seinen Schätzen feinfühlig neu
komponiert zählen zu den subtilsten Arbeiten dieser Art und bestehen selbst
im goldenen Zeitalter der farbigen amerikanischen Kunstwelt seit nun mehr
als 20 Jahren.
Oskar Holweck (geb. 1924 – gest. 2007)
Oskar Holweck war einer der wichtigsten Vertreter der Konkreten Kunst in
Deutschland. Über seine eigene künstlerische Tätigkeit hinaus hat er als
Lehrer an der Hochschule der Bildenden Künste Saar Generationen von
Studierenden prägend beeinflusst.
Holweck geht es nicht um die Schaffung von Bildern, die für etwas anderes
stehen, sondern um die Erforschung des Sichtbaren und um die Sichtbarmachung
vorhandener Seinsbefindlichkeiten - um Sehen und Sehen können. Damit
definiert sich sein Lebenswerk, in dessen "schaffendem" Teil er unermüdlich
und akribisch, sich auf ein umgrenztes Gebiet bzw. Material - Papier -
konzentrierend, nach möglichst vollständiger Erforschung strebte. Ob bei
Tuschearbeiten, Reißobjekten, Buchobjekten, Papierkaskaden oder
mehrschichtigen Klebecollagen, es ist immer erhellend und faszinierend das
Entstehen dieser Arbeiten mitzuerleben oder gedanklich nachzuvollziehen.
Ole Müller (geb. 1970)
„Recycling“ ist in der Bildenden Kunst keineswegs neu. Fundstücke zu
verwerten oder gar in Bilder einzuarbeiten, umzustrukturieren und
anderweitig zu verwerten, gehört zu den klassischen Transformationsprozessen
banaler Alltagsrelikte zu aktueller Kunst. Ole Müller sucht sich jedoch ganz
besondere „Materialien“ unser
Zeit. Ole Müller macht sich auf die Jagd nach den Glanzmagazinen und
Werbebeilagen unseres Medien- und Informationszeitalters. Er sammelt und
kauft Printprodukte aller Art. Sie sind Ausgangspunkt für sein
bildhauerisches Werk. Mit selbst konstruierten Pressen, und ausgeklügelten
Verleimungs- und Trocknungstechniken schafft er sich ein neues Rohmaterial,
transformiert es durch Schleif- und Lackierprozesse zu Bildobjekten, die
einerseits farbintensiv, anderseits feinststrukturiert in ihren Oberflächen
den Betrachter zum Spürhund werden lassen.
Rakuko Naito (geb. 1944)
Rakuko Naito zielt ab auf die Eigenschaften von Papier, sei es gerollt,
gefaltet, zerknittert, gerissen oder geschichtet und manche Kanten leicht
angesengt. Die Formen, die Kanten und die Textur des Papiers selbst werden
zum Element ihrer künstlerischen Arbeit, der sie dann die endgültige Form
durch ihre ureigene Vorstellung und ihren Ordnungssinn gibt.
Die kleinen Papierteilchen sind geschichtet oder gelegt in neutrale weiße
Boxen. Oft sind die Kanten sogar angesengt, um einen zarten farblichen
Akzent zu setzen. oder wie in einem eigenen Werkzyklus der Jahre 2002/03 um
kleine Drahtelemente gefaltet, die dann - in einem Nähprozess- mit feinsten
Draht zu Kuben geschlossen wurden.
Peter Weber (geb. 1944)
Die Karriere eines Künstlers könnte nicht vielfältiger sein: gelernter
Schriftsetzer, interessiert Peter Weber schon von Kindesbeinen an die Musik.
Die erste Jazzscheibe lässt ihn nicht mehr los. Er lernt Kontrabass und baut
sich sein erstes Instrument selbst. Bald gibt es erste „Gigs“ in
Unterhaltungsbands. Aber auch die bildende Kunst verlangt ihr Recht. Das
Studium an der Fachhochschule in Hamburg bei Max H. Mahlmann wird prägend
und das konkrete Kunst¬schaffen lässt ihn nicht mehr los. Die Op-Art, der
imaginäre Raum, bestimmen seine frühen Jahre als Maler, aber schon bald
fasziniert ihn das Phänomen der Faltung an sich und die mathematische
Vielfalt dieser Technik. Faltarbeiten in Papier, Baumwolle, Kunststof¬fen,
Filz und gar Stahl bestimmen seine künstlerische Arbeit.
Reinhard Wöllmer (geb. 1957)
Färben, Formen, Schneiden, "Verräumlichen" als künstlerischer Prozess
bestimmen die Papierobjekte von Reinhard Wöllmer. Auf dem Weg struktureller
Abstraktion bewegt er sich mit großer Affinität zum Material – Papier –
vorwiegend im Bereich des Kreismotivs.
Diese Papier- Objekte entstehen aus eingefärbtem Papiermaché, das ganz
entgegen der gängigen Vorstellung vom Umgang mit Papier bildhauerisch
bearbeitet wird. Das zu Scheiben gewalzte Papier treibt der Künstler wie ein
Schmied überwiegend mit dem Hammer zu konvex-konkaven Formen.
Für den Betrachter ergibt sich daraus die Annäherung in unterschiedlichen
Schritten. Das Systematische in Wöllmers Bildern wird ausbalanciert durch
eine Betonung des Haptischen, des Handschriftlichen, das geometrische Formen
umspielt und zitiert, aber größten Wert auf die Individualität des einzelnen
Motivs/Segments legt. Verstärkt durch Farbe und Raum verändert sich das
scheinbar Statische. Je nach Menge und Richtung des Lichteinfalles entsteht
ein subtiles Spiel räumlicher Schichtungen.
|
|